In diesem Jahr blickt Cybay auf 20 Jahre Agenturleben zurück. Als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte, gründete Johannes Huwe die Agentur, mit dem Ziel: Unternehmen auf dem Weg in das damals neue Medium Internet zu unterstützen. Seit dem ist viel passiert, und insbesondere in den letzten zwei Jahren hat sich bei uns vieles radikal verändert – ein Blick hinter die Kulissen.
Interdisziplinär – Dynamisch – Effizient – Agil – Lean
Die Bausteine unserer Agilität:
- Einführung crossfunktionaler Teams
- Selbstorganisierte Teams
- KANBAN
- Agiles / Leanes Projektmanagement
- Raw Estimation
- Interview
Wir werden I.D.E.A.L.
Anfang 2017 entschieden wir uns, einen radikalen Schritt zu gehen. Treiber und Ideengeber für den Changeprozess war unser Inhaber Johannes Huwe. Beim Agenturcamp 2016 in Hamburg lernte er den RE.A.L.-Ansatz der Agentur sitegeist media solutions kennen und war sehr schnell davon überzeugt, dass dieser auch für Cybay funktionieren kann. Nach einigen Vorgesprächen mit sitegeist-Inhaber Sven Ditz und Agile Change Managerin Gina Steiner starteten wir unser Projekt mit einem zweitägigen Kick-Off-Workshop im April 2017. Im Folgenden stellen wir Euch die einzelnen Bausteine vor, die wir seitdem eingeführt und in den vergangenen zwei Jahren in der Praxis mit Leben gefüllt haben.
Baustein 1: Einführung crossfunktionaler Teams
Die neuen crossfunktionalen Teams wurden nach der Vorgabe zusammengestellt, dass aus allen Fachbereichen (Kreation, Onlinemarketing, Front- und Backendentwicklung sowie Projektmanagement) Kollegen in den Teams vertreten sind. Die neuen Teams sollten in der Lage sein, die übernommenen Kunden und Projekte zu 80% eigenständig zu betreuen, ähnlich einer kleinen Agentur, in der jeder weiß und mitbekommt, was der andere tut. Sollte einmal ein Kollege oder Kollegin aus einem anderen Team benötigt werden, kann durch sogenanntes Quersourcing oder auch die Einbindung von Freelancern, ausgeholfen werden. Mit diesem Ansatz gingen wir im Prinzip Back to the Roots. Die Teams entsprechen im Prinzip einer kleinen Agentur, in der jeder weiß was der andere tut und auch die Kunden und Projekte jedem bekannt sind. Informationen zirkulieren schneller, die Entscheidungswege sind wieder deutlich kürzer geworden.
Ein weiterer positiver Effekt sind mehr Verständnis und Wissenstransfer für die Arbeit der Kollegen aus anderen Fachbereichen, größere Hilfsbereitschaft, mehr direkte Abstimmung und eine Intensivierung der persönlichen Beziehungen, welche sich zuvor überwiegend innerhalb der Abteilungen gebildet haben.

Fachabteilungen: So war es früher
Im Zuge des personellen Wachstums vorangegangener Jahre wurden bei Cybay klassische Fachabteilungen etabliert, die durch Abteilungsleiter geführt wurden. Diese Form der Organisation brachte es mit sich, dass die Kommunikation und der Informationsfluss innerhalb der Abteilungen gut funktionierte. Über die Abteilungsgrenzen hinweg fand die Kommunikation jedoch vorwiegend auf Abteilungsleiterebene statt. Mit dem Resultat, dass Informationen, die bei den Projektmitarbeitern lagen, bei Entscheidungsprozessen teilweise nicht einflossen oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Das führte immer wieder zu Unzufriedenheiten bei den Mitarbeitern, da diese sich nicht ausreichend einbezogen und gehört fühlten. Das Gefühl, Entscheidungen umsetzen zu müssen, an denen sie nicht beiteiligt waren, zum Teil auch wider besseren Wissens, verstärkte die Unzufriedenheit. Außerdem gab es Konkurrenzgedanken bei den Abteilungen, gerade was die Berücksichtigung in Pitches und Angeboten angeht.
Baustein 2: Selbstorganisierte Teams
Der zweite radikale Schritt war die Abschaffung der Abteilungsleiter-Funktionen. Wir hatten das Ziel, dass sich die Teams weitestgehend selbst organisieren. Zu diesem Zweck wurden neue Rollen geschaffen:
Agile Change Manager (ACM)
Der Agile Change Manager übernimmt bei Cybay die Rolle des Anwalts für den Changeprozess. Er achtet darauf, dass die beschlossenen Veränderungen und Vereinbarungen eingehalten werden, auch gegenüber der Geschäftsführung. Gleichzeitig fungiert der ACM als Moderator und Berater, wenn es im Rahmen der Veränderungen zu Problemstellungen kommt.
Team Coach (TC)
Jedes Team wählt einen Teamcoach, der innerhalb des Teams die Aufgabe hat darauf zu achten, dass es dem Team gut geht und die Zusammenarbeit im Team gut funktioniert. So organisieren die TCs beispielsweise regelmäßige Team-Retrospektiven (Retros), in denen aktuelle Themen und Probleme innerhalb des Teams besprochen und Lösungen erarbeitet werden.
Team Business Value (TBV)
Der TBV hat innerhalb der Teams die Aufgabe den Business Value (sprich: die Wirtschaftlichkeit des Teams) im Blick zu haben und bei Bedarf (zum Beispiel bei Ressourcenengpässen, Problemen im Projekt, mangelnde Auslastung) Lösungen mit dem Team zu finden und im Extremfall an die Geschäftsführung zu eskalieren. Nachdem wir einige Monate Erfahrungen mit der TBV-Rolle gesammelt hatten, wurde beschlossen diese Rolle in der ursprünglichen Form wieder abzuschaffen, bzw. anders auszufüllen.
Seither haben die Projektmanager die Aufgabe, auf die Wirtschaftlichkeit innerhalb der Projekte zu achten, was ohnehin teil Ihrer Arbeit ist. Im wöchentlichen PM-Meeting mit den TCs sowie der Geschäftsführung findet ein Austausch über die aktuelle Projektsituationen, Auslastungssituation etc. statt, und dort werden auch Lösungen für etwaige Probleme abgestimmt.
Baustein 3: KANBAN
Eine weitere grundlegende Veränderung war die Einführung von KANBAN und den damit verbundenen Prinzipien. Jedes Team hat ein eigenes KANBAN-Board, an dem der aktuelle Stand der Arbeit und der Fluss der Tickets abgebildet wird. Hierbei haben wir uns bewusst für eine doppelte Lösung entschieden: Es gibt analoge KANBAN-Boards in den Büroräumen. Sie dienen unter anderem als zentraler Ort für die täglich stattfindenden Stand-Ups, in denen die Teams in max. 15 Minuten den Stand der Arbeit und die aktuellen Aufgaben besprechen. Parallel dazu nutzen wir Atlassians „Jira“ als digitales Tool zur Verwaltung der Tickets.

Baustein 4: Agiles / Leanes Projektmanagement
Eine der zentralen Fragestellungen im Rahmen der Weiterentwicklung der Organisation bei Cybay in den vergangenen Jahren war immer wieder: Wie können wir unsere Projekte erfolgreicher abwickeln, bzw. schmerzhafte Fehlentwicklungen vermeiden? Seit zwei Jahren verfolgen wir das Ziel, Projekte nach dem agilen und leanen Projektmanagement-Ansatz anzugehen. Dabei lassen wir uns von mehreren Maximen leiten:
- Die Bedürfnisse des Kunden stehen im Zentrum des Projektes und des Produktes
- Teile ein komplexes und kompliziertes Projekt in überschaubare und planbare Bausteine auf.
- Entwickle gemeinsam mit dem Kunden eine Priorisierung der Umsetzungsreihenfolge, die sich an seinen Businesszielen orientiert.
- Entwickle nach dem MVP-Ansatz (Minimum Viable Product)
- Bringe Projekte Online und sammle Erfahrungen damit (Get Things Ready)
- Fail fast, fail often (gilt insbesondere für interne Projekte und Maßnahmen)
Wasserfall: So war es früher
Mit der Gewinnung größerer Accounts sind die Kundenprojekte komplexer und anspruchsvoller geworden. Große Projekte dauerten von der Planung bis zum Go-Live-Termin nicht selten acht, neun, zehn Monate. Zeiträume, in denen sich Rahmenbedingungen und Anforderungen ändern können. Dies brachte uns im bisher angewandten klassichen Wasserfall-Vorgehen regelmäßig an unsere Grenzen. Versuche, durch noch genauere Planung Fehlentwicklungen frühzeitig vorauszusehen und rechtzeitig Maßnahmen dagegen zu ergreifen, führten nicht immer zu den gewünschten Resultaten.
Baustein 5: Raw Estimation
Einhergehend mit der Einführung agiler Projektmanagement-Methoden haben wir uns auch zu einer radikalen Verschlankung unserer Angebote entschieden, und die sogenannte Raw Estimation eingeführt. Ausgehend von der Erkenntnis, dass detailliert geplante, mehrmonatige Projekte in den seltensten Fällen nach Plan umgesetzt werden (siehe Baustein 4), haben wir uns entschieden, auch die damit einhergehenden aufwendigen Kostenschätzungen zu verschlanken.
Nach gründlicher Klärung der Projektziele und Projektelemente mit dem Kunden erhält er eine übersichtliche Kostenschätzung (maximal zwei DIN A4-Seiten), die Angaben zu den Projekt-Elementen, die Umsetzungszeit und den Elementpreis enthält. Genauso, wie wir Projekte in planbare und überschaubare Elemente aufteilen, schätzen wir auch die Kosten für die einzelnen Elemente. Nach Beauftragung werden die Elemente in der mit dem Kunden abgestimmten Reihenfolge abgearbeitet und nach Fertigstellung gemäß dem tatsächlichen Aufwand abgerechnet.
Der große Vorteil: Der Kunde hat eine hohe Kostentransparenz und durch die regelmäßigen Feedbackschleifen im Rahmen des agilen Vorgehens auch einen direkten Projektüberblick. Soweit möglich, werden fertige Elemente auch zeitnah online gestellt, anstatt auf einen großen Go-Live-Termin zu warten. So besteht die Möglichkeit, mit einem frühen aber eigenständig lauffähigen Produkt bereits Erfahrungen zu sammeln bzw. Geld zu verdienen.
Wo stehen wir heute…
Gut zwei Jahre nach dem Start unseres I.D.E.A.L.-Projektes können wir auf zahlreiche Erkenntnisse und Erfahrungen zurückblicken. Anfangs hatten wir die üblichen Schwierigkeiten, alte und eingefahrene Vorgehensweisen und Gewohnheiten abzulegen und neu einzuüben. Mit der Zeit setzte sich die neue Arbeitsweise kontinuierlich durch. Nach ca. einem Jahr hatten wir das Gefühl, dass das Schiff auf dem neuen Kurs läuft. Geholfen hat bei diesem Prozess die weitestgehend positive Grundhaltung für den Veränderungsprozess. Bei vielen Mitarbeitern wurden quasi offene Türen eingerannt, da die neuen Ansätze dem verbreiteten Wunsch nach mehr Beteiligung und Mitgestaltung entgegenkam. Auch der Umstand, dass die Initiative für dieses Projekt von unserem Inhaber ausging, ist mit Sicherheit ein Teil des Erfolges.
Die wichtigsten Erfahrungen:
- Bereits drei Wochen nach Formierung der crossfunktionalen Teams und Einführung von KANBAN schafften wir das bis dahin wöchentliche Ressourcenplanungsmeeting ab, da wir es nicht mehr benötigten.
- Durch regelmäßige Team-, Agentur- und Projekt-Retrospektiven ist es uns gelungen, die neuen Prozesse und Vorgehensweisen schrittweise anzupassen und zu optimieren.
- Nach ca. 12 Monaten hatten wir das Gefühl, dass sich das konsequente Arbeiten mit Tickets bei allen durchgesetzt hat.
- Da wo die Kunden sich auf das agile Vorgehen einlassen und aktiv beteiligen, laufen die Projekte spürbar harmonischer und erfolgreicher bei gleichzeitig höherer Zufriedenheit sowohl auf Kundenseite als auch bei den Mitarbeitern.
- Seit der Umstellung haben ca. die Hälfte der Mitarbeiter durch Eigenkündigung das Unternehmen verlassen und sich aus unterschiedlichsten Gründen beruflich neu orientiert. Parallel dazu haben wir eine reihe neuer Kollegen hinzugewonnen, die sich häufig auch aufgrund der neuen Arbeitsweise für Cybay entschieden haben.
- Mit der Neuformierung der Teams ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter und auch der Zusammenhalt untereinander spürbar gewachsen. Dies zeigt sich in vielerlei Freitzeitaktivitäten wie gemeinsames mittägliches Kochen, Kicker-Turniere, Firmenlauf B2Run, Möbelbaugruppe, 3D-Drucker uvm., mit merklich höherer Beteiligung als dies früher der Fall war.
- Ideen und Neuerungen werden vom Team im Rahmen von Arbeitsgruppen und Experimenten angestoßen und umgesetzt. Immer mit der Ausrichtung: Wir probieren das und schauen nach einem festgelgten Zeitraum, was funktioniert und was nicht und justieren neu (fail fast, fail often)
- Unternehmerische Fragestellungen wie Umsatz- oder Auslastungsplanung stellen für uns noch immer eine Herausforderung dar.
Ausblick
Auch wenn wir mit Stolz auf das erreichte zurückblicken, gibt es für uns immer noch Themen, die wir weiter vorantreiben wollen. Mit dem Ziel, uns in der gemeinsamen Arbeit mit den Kunden sowie die Zusammenarbeit in den Teams weiter zu verbessern.
Hierzu zählt beispielsweise die Optimierung des Ticketdurchlaufes auf den KANBAN-Boards. Die Zuschnitte der Tickets sind zum Teil noch sehr heterogen, was zu sehr unterschiedlichen, zum Teil sehr langen Bearbeitungszeiten führt.
Eine weitere Herausforderung wird die Einführung einer neuen Projektmanagement-Software sein. Nachdem wir die neuen Prozesse und Arbeitsweisen verfestigen konnten, haben wir uns auf die Suche nach einer neuen Projektmanagementsoftware gemacht, mit dem Ziel ein Tool zu finden, dass uns die Verwaltung der Projekte erleichtert. Im August werden wir hier mit den ersten Schulungen des Teams starten.
Interview
Im Gespräch mit Anna Nguyen, Lecturer am ProfessionalCenter, beschreibt unser Personamanager Michael Hintergründe zu unserem I.D.E.A.L.-Change-Prozess. Das Interview entstand im Rahmen der Vorlesung zum Thema Führung 4.0 im Studium Generale am ProfessionalCenter der Universität zu Köln. Das gesamte Interview seht ihr hier.
Cybay: So fing es an
1995 ging damals die Seite der Preussag AG online, einem damals im DAX notierten Industrieunternehmen. Seither ist viel geschehen: Neue Technologien kamen und gingen, das Internet entwickelte sich zum zentralen, alltagsbestimmenden Medium unserer Zeit.
Auch Cybay entwickelte sich in diesen Jahren kontinuierlich weiter. Neben der Auseinandersetzung mit neuen Technologien, Themen und Trends war es immer auch erklärtes Ziel, die Agentur als Unternehmen und Arbeitgeber zu verbessern. Was können wir tun, um in der Projektarbeit mit unseren Kunden erfolgreicher zu sein? Wie können wir die Zusammenarbeit der Mitarbeiter verbessern? Wie kann es uns gelingen, mehr Spaß bei der Arbeit zu haben und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein?

Literaturtipps
Mike Burrows: Kanban – Verstehen, einführen, anwenden; ISBN 978-3-86490-253-6
John Kotter + Holger Rathgeber: Das Pinguin-Prinzip; ISBN 978-3-426-27572-6
Rolf Dräthe: Retrospetiven kurz & gut; ISBN 978-3-95561-800-1
Judith Andresen: Retrospektiven in Agilen Projekten; ISBN 978-3-446-45167-4
Kontakt
Wenn ihr mehr über das Thema erfahren wollt oder euch über die Erfahrungen austauschen wollt, nehmt gerne Kontakt zu uns.
Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Johannes Huwe (Geschäftsführung)
0511 / 924 940 0
huwe@cybay.de
Dipl. Soz.-Ök. Michael Witzke (Personal & Organisation)
0511 / 924 940 46
witzke@cybay.de
Jobs
Cybay sucht eigentlich immer neue Kolleginnen und Kollegen. Menschen die Freude an ihrer Arbeit haben und in einem Umfeld arbeiten wollen, in dem echtes Teamplay im Vordergrund steht. Infos über unsere aktuellen Jobs findest Du hier.