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Ein Jahr im Home Office: Learnings einer Agentur

Ein Jahr im Home Office: Learnings einer Agentur

Vor rund 12 Monaten ging Cybay quasi über Nacht in den vollständigen Remote-Betrieb über. Diese Veränderung berührt fast alle Bereiche der täglichen Arbeit. Wir sind aber nicht die Einzigen im Home Office, und jede Firma sammelt ihre eigenen Erfahrungen mit der Arbeit von zu Hause. Wir möchten Unsere nun teilen und hoffen, auch von euch lehrreiche Erkenntnisse zu erfahren!

Die zentrale Erkenntnis vorweg: Klammere dich nicht an Gewohnheiten, sondern reagiere flexibel auf neue Umstände und passe dich an.

Mit guten Vorraussetzungen in die Pandemie

Technische Infrastruktur: Sine qua non

Als es mit Covid-19 losging, hörten wir viele Gruselgeschichten aus anderen Unternehmen. Es stehen nicht genug VPN-Zugänge zur Verfügung. Nicht alle Mitarbeiter verfügen über Notebooks/Laptops. Anrufe können nicht umgeleitet werden. Und wer nimmt eigentlich die Post entgegen?

Zum Glück haben unsere IT-Admins bereits vor Corona saubere Arbeit geleistet. Dank einer stehenden, stabilen Infrastruktur hatten alle Mitarbeiter mobile Rechner und einen VPN-Zugang. Unsere essentiellen Tools (Ticketsystem, Zeiterfassung, Dokumentation, Dateiserver, Email, Telefonie) waren für jeden ohne weitere Einrichtung sofort aus dem Home Office verfügbar.

Auch vor der Pandemie gab Cybay den Mitarbeitern die Möglichkeit, ab und zu Home Office zu machen, auch wenn dies mehr die Ausnahme als die Regel war.

Unsere technische Infrastruktur gewährleistete einen sofortigen, reibungslosen Wechsel ins Home Office.

Agile Unternehmenskultur im Home Office: asynchron und dezentral

Wir glauben, dass uns die Umstellung auf Agiles Arbeiten mit Kanban in den vergangen 3 Jahren sprichwörtlich den Ar*** gerettet hat. Denn im Kern steht bei Kanban im Vordergrund, Arbeit asynchron und nonlinear zu organisieren.

Durch flache Hierarchien und selbstorganisierte Teams haben wir die nötige Flexibilität, um uns schnell neuen Gegebenheiten anzupassen. Auch die Verantwortlichkeiten werden den Gegebenheiten angepasst.

Am Beispiel eines Sortierers im Supermarkt: Statt ein mal am Tag in starrer Reihenfolge Regal für Regal durchzugehen und neu zu befüllen, geht der Sortierer ständig durch den Markt und füllt nur genau dort Produkte nach, wo diese entnommen wurden. Das eliminiert die unnötigen Vorbereitungszeiten für Regale, die noch gar nicht leer sind.

Übersetzt in unsere Arbeit heißt das: Wir ziehen uns die Tickets zur Bearbeitung, die der Fertigstellung am Nächsten sind. So stellen wir einen konstanten Ticket-Flow sicher und vermeiden, dass halbfertige Aufgaben lange liegen bleiben.

Damit hatten wir das optimale Fundament in unserer Unternehmenskultur verankert, um reibungsfrei ins Home Office zu wechseln.

Interne Meetings: Daily Standup, Retrospektive, Replenishment

Agenturweites Standup in nur 15 Minuten

 

Seit wir agil arbeiten, beginnen wir jeden Arbeitstag mit einem Daily Standup. Früher haben wir das noch in zwei Teams an unterschiedlichen Boards parallel gemacht. Dabei soll jeder Mitarbeiter auf einen Blick einen Überblick über zu erledigende Aufgaben, Showstopper und Projektfortschritte bekommen.

Das klappt selbst für Mitarbeiter, die an einem Projekt gar nicht beteiligt sind, sehr gut. Im Vordergrund steht hier ein Kernaspekt von Kanban: Visualisieren.

Unsere Remote Standups hingegen finden per Screensharing statt, und zwar mit allen Mitarbeitern und über alle Projekte hinweg.

In nur 15 Minuten besprechen wir agenturweit den Stand sämtlicher Aufgaben, ohne uns in Details zu verlieren oder abzuschweifen.

Retrospektiven: Konstruktive Rückblicke

In Team- und Projektretrospektiven besprechen wir die Arbeit der letzten zwei Wochen, konkret:

Was…:

  • …hat gut geklappt?
  • …lief schlecht?
  • …sollten wir beibehalten?
  • …müssen wir verändern?

In einer „Retro“ wird jeder Mitarbeiter gehört und kann dort auch mal Dampf ablassen. Die Team Coaches achten darauf, dass der Austausch in konstruktive Bahnen gelenkt wird. Das bedeutet, es muss immer auch eine Konsequenz gezogen werden. Nicht selten läuft das auf Experimente heraus: Wir einigen uns, für einen begrenzten Zeitraum eine neue Vorgehensweise zu testen. Im Anschluss blicken wir zurück (deshalb Retrospektive) und bewerten, ob wir das getestete in den Alltag übernehmen, nachjustieren oder verwerfen wollen.

Mit Retrospektiven haben wir stets einen Blick auf unsere Arbeitsweise und räumen Probleme konsequent aus.

 

Herausforderung Anwesenheit: Bei so viel asynchroner Arbeit alle an einen Tisch zu bekommen.

Es ist manchmal einfach zum Haare raufen. Jahrelang haben wir Leitsätze in der Unternehmenskultur etabliert: Interne Meetings sind pünktlich wahrzunehmen. Bei Verhinderung melde dich bitte ab. Kein Handy-Gefummel. Keine Parallelarbeit. Meeting-Termine sind heilig und somit freizuhalten, auch Kundentermine sollen hier nicht gelegt werden.

Ins Home Office zu gehen, bedeutete aber nicht nur eine Verlegung des Arbeitsplatzes. Jeder Mitarbeiter hat zu Hause seine eigene Situation zu meistern.

Und plötzlich wurde alles sehr asynchron. Mitarbeiter können nicht zum Standup erscheinen, weil sie die Kinder homeschoolen müssen, einen Arzttermin haben, der Hund auf den Teppich gekotzt hat und viele andere Gründe aus Haushalt und Familienalltag, verstärkt durch die Umstände der Pandemie. Auch teilweise Kurzarbeit war ein Grund dafür, dass die Verfügbarkeit der Kollegen zwischen 9 und 17 Uhr plötzlich nicht mehr als gesetzt angesehen werden konnte.

Wirklich angegangen sind wir dieses Thema aber noch nicht, denn bisher hat es zu keinen Problemen geführt. Die perfekte Modell-Lösung haben wir dementsprechend aber auch noch nicht gefunden. Wir blicken auf jeden Fall entspannter auf diese Themen. Wir vertrauen darauf, dass unsere Kollegen entsprechend ihrer Umstände die Arbeit eigenständig organisieren und nichts liegen bleibt.

Unseren Kollegen zu vertrauen, funktioniert einwandfrei.

Externe Termine Remote: Neue Gesetze, neue Gewohnheiten

Damals, in grauer Vorzeit, als die Menschen sich noch von Angesicht zu Angesicht begegnen konnten, waren Termine wie ganztägige Workshops oder vierstündige Schulungen die Regel. Natürlich beriefen auch wir uns auf die Erfahrungen der Vergangenheit: „Das ist dann halt jetzt online“. Weit gefehlt. Alles ist anders.

Konzentrationsphasen und Aufmerksamkeit

Wir haben schnell bemerkt, dass Aufmerksamkeit und Konzentration der Teilnehmer bei Remote-Meetings sehr viel mehr leiden, als in Persona. Gerade in Webinaren, also Frontalunterricht mit einem Moderator und vielen passiven Zuschauern, ist die Konzentrationsfähigkeit der Zuschauer oft schon nach 90 Minuten erschöpft. Folgende Tipps geben wir dir dafür an die Hand:

  • Plane Kürzer. Und zwar so kurz wie möglich. Bei „Frontalunterricht“ rechne mit einer deutlichen Aufmerksamkeitsreduktion ab 90 Minuten. 60 Minuten sind ein guter Zielwert.
  • Wenn möglich, gebe den Teilnehmern einen aktiven Part. So bleiben sie geistig viel länger „am Ball“. Nutze hierfür zum Beispiel auch Breakout-Sessions. Dann kannst du auch deutlich längere Meetings einplanen. Die 3-Stunden-Marke sollte aber nur in absoluten Ausnahmefällen überschritten werden.
  • Mache regelmäßig kleinere Pausen, damit deine Zuschauer auf biologische Unwägbarkeiten reagieren oder ihrer Koffein- bzw. Nikotin-Sucht fröhnen können.
  • Geht der Termin über die Mittagszeit, plane eine großzügige Mittagspause ein! Empfehlung: 45 Minuten. Denn: Mancher muss sich nicht nur schnell ein Brot reinschieben, sondern sich um die Familie kümmern oder noch Gassi gehen. So bekommen deine Teilnehmer den Kopf frei und können frische Energie tanken.

Es scheitert am Grundsätzlichen: Die Einrichtung der Software

Nicht jeder ist gleichermaßen firm im Umgang mit Meetingsoftware. Ob Zoom, Skype, Teams, TeamViewer, Google Hangouts, Discord, TeamSpeak; Egal ob im Browser, Desktop-App oder Smartphone-App: Der erste Schritt des Nutzers sollte immer sein, in die Einstellungen des jeweiligen Programms zu gehen und folgende Punkte sicherzustellen:

  • Zur Tonaufnahme das korrekte Mikrofon-Device (Headset? Built-In-Mikrofon? Stream-Mikro? usw.) einstellen und der App / dem Browser ggf. Nutzungsrechte erteilen.
  • Zur Tonwiedergabe das korrekte Ausgabe-Device einstellen (Headset? Built-In-Lautsprecher? Desktop-Boxen usw.) und der App / dem Browser ggf. Nutzungsrechte erteilen.
  • Zur Bildaufnahme die Webcam einstellen, ggf. das Bild und den Hintergrund konfigurieren und der App / dem Browser ggf. Nutzungsrechte erteilen.

Diese Punkte verlaufen in allen Programmen gleich. Es ist wichtig, das bei der Ersteinrichtung immer zu überprüfen, denn die meisten Rechner haben gleich mehrere Geräte zur Tonaufnahme und -wiedergabe. Sollte etwas im späteren Verlauf einmal nicht mehr richtig funktionieren, sind diese Einstellungen meist auch der richtige Anlaufpunkt zur Behebung.

Alsdann werden der Blinden Augen aufgetan werden, und der Tauben Ohren geöffnet werden; Jesaja 35:5

Natürlich machen wir uns auch keine Illusionen. Irgendwer schafft es immer, dass etwas nicht richtig funktioniert. Dass unsere Meetings dann manchmal anfangen wie Geisteranrufungen in einer Séance am Ouija-Brett, nehmen wir mit Humor: „Karen, bist du bei uns? Hier sind Christoph und Valerie. Gib uns ein Zeichen, wenn du uns hörst. Wir können dich nicht hören.“

Wenn du nichts zu sagen hast, einfach mal…das Mikro stummschalten

Es hat natürlich ein gewisses authentisches Flair, Geräusche aus der Umgebung des Gesprächspartners mitzubekommen. Sei es der bellende Hund, das brabbelnde Kind, der wütende Partner oder der Laubbläser-Mann. Aber das kann auch ganz schnell nervig werden.

Ein Klassiker, der besonders häufig ist: Das mechanische Klacken deiner Schreibmaschine Tastatur. Also bitte, bitte, mit Schleifchen drum: Wenn du dir nicht absolut sicher bist, was dein Mikrofon überträgt und was nicht, schalte dich auf Stumm. Auch das geht in jedem Programm gleich, mit einem Button in Form eines (im Mute-Modus durchgestrichenen) Mikrofons, irgendwo gut sichtbar und zentral im UI platziert, damit man es schnell findet und häufig nutzt. 

Damit wären wir aber schon bei der nächsten Schwierigkeit: Die Stummschaltung wieder aufzuheben, bevor man losbrabbelt.

Uncle Roger enttäuscht

Webcam-Pflicht: Ist doch schön, wenn man sich sieht. Aber: Immer?

Wir kommunizieren eigentlich immer mit Videoübertragung, denn wir sehen uns gerne. Aber manchmal kann es sinnvoll sein, die Webcam aus zu lassen. Zum Beispiel, um Bandbreite der hierzulande teilweise fragilen Internetleitungen zu sparen.

Was wir an Teams besonders mögen, ist die Möglichkeit, ein einstellbares Hintergrundbild zu verwenden. Das kann sehr lustig sein und wenn es mal im realweltlichen Hintergrund nicht ganz so aufgeräumt ist, bekommt das dann auch keiner mit. Leider bieten nicht alle Meetingsoftwares dieses Feature an.

Manchmal möchte ein Mitarbeiter seine Kamera aber auch lieber auslassen. Zum Beispiel, weil er gerade ein Handtuch auf dem Kopf hat, oder weil er gerade genervt die Augen rollen möchte. Das mag Mancher jetzt als unangemessen empfinden. Aber obwohl ein Mitarbeiter von zu Hause arbeitet, ist das immer noch sein privater Wohnraum – und sein Wohlfühlbereich. Ist doch nicht schlimm – dann bleibt das Bild diesmal eben aus. Nach dem, was wir so von anderen Firmen mitbekommen, ist so mancher Chef ein ziemlicher Kontrollfreak. Unsere Empfehlung: Lass das mal lieber bleiben.

Zusammenfassung: Was ist geblieben? Was haben wir verloren?

Wir glauben, dass sich die Umstellung auf Agiles Arbeiten in den letzten paar Jahren bezahlt gemacht hat. Unsere Regeltermine, also Standups, Retrospektiven und unser Agenturmeeting, sind geblieben. Das morgendliche Standup machen wir jetzt nicht mehr am physikalischen Kanban-Board, sondern per Screensharing in unserem Ticketsystem Jira. Das ist zwar ein bisschen schade, aber funktioniert gut.

Mit der vollständigen Anwesenheit klappt es nicht mehr ganz so gut. Zu größeren Problemen ist es dadurch aber nicht gekommen. Hier müssen wir vielleicht aber noch einen neuen Modus Vivendi finden.

Vor allem verloren gegangen sind uns die schönen Dinge vor Ort. Das gemeinsame Kicker-Spielen, Kochen und der Austausch in der Kaffeeküche. Das waren liebgewonnene Gewohnheiten. Gerade auch neue Mitarbeiter bekommen in der aktuellen Situation nur einen Bruchteil von dem freundschaftlichen Miteinander und dem Zusammenhalt des Teams mit.

Stichwort Gewohnheiten: Erst neulich haben wir bemerkt, dass wir die Retrospektiven der beiden Teams jetzt gleichzeitig machen können. Vorher hatten wir sie im wöchentlichen Wechsel gemacht – denn es gab ja nur einen Meeting-Raum.

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Kontakt

Marco Mummenthey
Projektmanager & Consultant

+49 511 924940-57