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Online Marketing

Herr/Frau/Divers – geschlechtsneutrale Anrede im Online-Formular

Ob Registrierungsformular oder Adressformular im Onlinehandel: „Firmen sind zu geschlechtsneutraler Ansprache verpflichtet„. In diesem Artikel widme ich mich dem geschlechtsneutralen „Anrede“-Feld. Wie sieht die Rechtslage aus? Was ist Sinn und Zweck des Anrede-Felds? Welche Möglichkeiten der Umsetzung gibt es?
11/3/2021
Juri Bienek

Geschlechtsneutrale Anrede ist Pflicht

Vor dem Landgericht Frankfurt klagte eine Person mit nonbinärer Geschlechtsidentifikation, da ihr beim Fahrkartenkauf nur die Optionen „Mann“ und „Frau“ angeboten wurden. Das Gericht gab der Klage in Teilen statt und stellte eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klagenden fest.Der standesamtliche Sammelbegriff „divers“ ist schon länger offiziell anerkannt und kann schon seit 2018 als Geschlechtseintrag im Personalausweis angegeben werden. Insofern haben wir ein solides Begründungsgerüst für die Umstellung unserer Formulare. Eine „Übergangs-Schonzeit“ wird es wohl auch nicht mehr ewig geben.

Die Bedeutung der Anrede im Internet

Das Anrede-Feld als Dropdown mit zwei Optionen findet in den meisten Formularen noch Gebrauch. Bei Newsletter-Anmeldungen dient es vor allem der personalisierten Anrede: „Sehr geehrte Frau Musterman / Sehr geehrter Herr Mustermann“. Bei Adressformularen von Online-Shops dient es der Anrede bei Dialogmails (z.B. Transaktionsbestätigung oder Versandbestätigung) oder auch für die Adresse auf dem Versandaufkleber selbst.

Für die Conversion-Optimierung steht im Vordergrund, möglichst viele erfolgreiche Formularübermittlungen zu erzielen – daher ist die Best Practice hier, auf alle nichtessentiellen Felder zu verzichten – im Falle einer Newsletter-Registrierung reicht hierfür prinzipiell schon einzig die Email-Adresse aus.

Möchtest du dieses Mittel aber auch zur Lead-Generierung nutzen, dann sind Informationen wie Name, Anrede, Firma, Telefonnummer usw. unter Umständen von hoher Wichtigkeit. Auch die personalisierte Anrede in Newslettern ist seit Ewigkeiten Standard – deshalb scheint es auf den ersten Blick abwegig, nun wieder darauf zu verzichten.

Die Antwort: Es ist kompliziert. Wie immer gibt es mehrere Herangehensweisen und es kommt auf den Kontext an.

Zweieinhalb Möglichkeiten, um allen gerecht zu werden

„Divers“ als neue Option im Dropdown

Am Einfachsten erscheint es, dem klassischen Dropdown die dritte Option „divers“ hinzuzufügen. Aber das bringt Schwierigkeiten mit sich, denn „divers“ ist lediglich ein Sammelbegriff und nicht geeignet, um eine Person damit anzusprechen. Insofern ist diese Information als Anrede nicht zu gebrauchen.

ABER: Diese Variante kann sinnvoll sein, wenn es nicht um die Anrede, sondern tatsächlich um das Geschlecht geht. Ein (zugegebenermaßen konstruiertes) Beispiel wäre die Online-Anmeldung für einen Saunabesuch.

Anrede als Freitextfeld

Eine weitere Möglichkeit wäre, das Anrede-Feld als Freitextfeld auszuführen. Hiermit wäre grundsätzlich jedem Genüge getan – allerdings gibst du damit ein wenig Kontrolle ab, denn es können Schreibfehler oder inkonsistente Schreibweisen für merkwürdige Ergebnisse bei späterer Weiterverwendung sorgen (oder aufwendige manuelle Korrekturen anfallen).

Anrede weglassen

Die dritte Option dürfte jedem Conversion-Optimierer gefallen: Man lässt das Anredefeld ganz weg.

Eine allen gerechte Grußformel könnte dann so lauten:

„Sehr geehrte:r Max Mustermann (Der Doppelpunkt ist für Screenreader die günstigste Schreibweise: Stichwort Barrierefreiheit!). Oder man macht es etwas weniger förmlich: „Hallo Max Mustermann“.

Weder für Versandetiketten noch für Dialogmails brauchen wir die Anrede wirklich. Auch die Lead-Generierung dürfte ohne angegebenes Geschlecht kaum erschwert werden. Es bleibt also noch die personalisierte Anrede im Newsletter – ein vergleichsweise unwichtiges Werbemittel, das mit einer allgemeinen oder informellen Grußformel einfach umgangen werden kann.

Welche Variante eignet sich für mich am Besten?

Welche der Möglichkeiten du am Ende nutzt, bleibt dir überlassen. Ich hinterfrage bei meinen Kunden stets: Was ist dein übergeordnetes Geschäftsziel? Wie trägt dieses Element dazu bei? Daher frage dich: „Brauche ich das wirklich?“. Und wenn die Antwort ist: „nur für die personalisierte Grußformel“, dann frage dich, ob diese wirklich unverzichtbar oder bloß Gewohnheit ist.

Und nicht vergessen: Im Zweifelsfall setzt du mit deiner Entscheidung (und wenig Aufwand) auch eine Image-Botschaft für dein Unternehmen. Denn wie heißt es so schön: „Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit!

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Juri Bienek
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